Essen & Trinken

Horilka – Fast alles was du über den ukrainischen Schnaps wissen musst!

 Was trinkt man in der Ukraine? Wer jetzt Wodka sagt ist nicht ganz richtig, nicht ganz falsch! Natürlich verschmähte ein Ukrainer -bisher zumindest- auch keinen Wodka. Traditionell heißt der bevorzugte Schnaps aus der Ukraine aber Horilka. Die heutige Bezeichnung wird seit dem 18. Jahrhundert verwendet und kommt vom ukrainischen Wort „hority“ was so viel wie „brennen“ bedeutet. Stimmte der Alkoholgehalt und damit die Qualität, so brannte das Getränk nicht nur in der Kehle, sondern auch beim Anzünden! Im 15. Bis 16. Jahrhundert zur Zeit der Saporoger Kossacken verbreitete sich das Getränk zunächst unter der Bezeichnung „Brot-Wein“ und „Brannt-Wein“. Erstere Bezeichnung, entstand wohl vor allem daher, dass der Schnaps aus Getreide hergestellt wurde. Während Vodka damals jedoch aus einer Mischung von Roggen, Hafer und Gerste produziert wurde, verließ man sich bei „gutem“ Horilka seit jeher auf den Weizen als Hauptzutat!
Ein guter Horilka wird jedoch vielfach destilliert und mit reinem Wasser auf 40 % Alkohol runter verdünnt, so dass er fast keinen Geschmack außer dem typischen brennenden Mundgefühl hinterlässt. So gilt er als eines der reinsten Getränke der Welt. Gegebenenfalls wird der Horilka nachträglich aromatisiert. Beliebt und verbreitet ist z.B. Horilka mit Chillies und Honig.
Der wohl bekannteste Ukrainische Horilka „Nemiroff“ wurde nach seiner Heimatstadt Nemyriv benannte hat sich seit dem Gründungsjahr der Marke (1872) zu einem der größten „Wodka“-Produzenten der Welt entwickelt und rangiert zwischen den Marken Smirnoff, Stolichnaya und Absolut.
Schnapsproduktion Ukraine
Meiner Erfahrung nach kauft man in der Ukraine -zumindest im ländlichen Bereich- jedoch niemals Marken Horilka. Meistens wird zum gemeinsamen Abendessen (wenn man Glück bzw. Pech hat auch bereits zum Mittagessen oder zum Frühstück) eine selbst befüllte Glas- oder Plastikflasche aus dem Kühlschrank gezaubert, an deren Oberfläche sich direkt das Kondenswasser niederschlägt, so wie dem Trinker nach ein paar Gläschen der Schweiß auf die Stirn tritt. Dieser Horilka stammt dann zumeist aus der eigenen Produktion, der von der Tante oder dem Onkel, oder irgendeinem Nachbarn. Wirklich weit laufen muss man nie, wenn man Nachschub benötigt, das Wissen um die Herstellung ist weit verbreitet und wird quasi nebenbei an die nächste Generation weitergegeben. Außerdem wird ja meist auf Vorrat produziert, denn wie wir alle wissen, kommt der nächste Winter bestimmt!
 
Eine ganz besondere Rolle hat der Horilka nun während des völkerrechtswidrigen und brutalen Angriffskriegs durch Putin auf die Ukraine bekommen: In den ersten Kriegstagen herrschte ein Konsumverbot für hochprozentigen Schnaps, denn sämtlicher Horilka wurde nun zur Selbstverteidigung benötigt. Guerilla-Kämpfer bauten unermüdlich Molotov-Cocktails sich bis zum letzten Tropfen gegen die russischen Aggressoren zu Wehr zur setzen. Diese Anekdote zeigt den Mut der Verzweiflung, aber auch die unfassbare Willensstärke und Kreativität der ukrainischen Verteidiger*innen.
Ukrainische Molotow Cockatils Ukraine Krieg
Ich muss an dieser Stelle darauf hinweisen, dass es in Deutschland seit dem 01.01.2018 ein Straftatbestand ist, privat Schnaps zu brennen. Davor gab es für Kleinstdestillen mit 0,5 Liter Brennvolumen noch eine Ausnahmeregelung, diese ist nun hinfällig. Es geht vor allem um Steuerhinterziehung, da die Branntweinsteuer bei privatem Destillieren nicht einkassiert werden kann. Dies ist übrigens eines der deutschen Gesetze, was die Ukrainer absolut fasziniert, da es in der Ukraine so unsinnig wäre, wie das Essen oder Atmen zu verbieten.
Die überall beiläufige Herstellung hat mich bei meinen Ukraine-Besuchen jedoch beeindruckt und vor allem die Kreativität beim Bau der Anlagen und beim Ansetzen der Maische.
 
Die Maische wird traditionell mit Weizen, Zucker und Hefe angesetzt. Im Endeffekt kann alles mit einem Zuckergehalt vergoren werden. Viele setzen auch nur Zucker mit Hefe an und nutzen nur ein wenig Getreide, um das Überschäumen der Hefe zu verhindern. Der Gärverschluss fängt an zu blubbern, sobald die Hefe aktiv wird und hört auf, wenn die Maische bereit zum „brennen“ ist. Das ist je nach Temperatur nach ein bis zwei Wochen der Fall, wobei der Gärbehälter schön auf angenehmer Zimmertemperatur stehen sollte. Beim Brennen wird die Maische gesiebt und erhitzt, so dass das Kondensat aufsteigt, in einem Zwischenschritt setzen sich milchige Unreinheiten in einem Auffangglas ab, der Rest steigt gasförmig weiter bis es in einer Wasserkühlung kondensiert. Auch bei den Wasserkühlungen gibt es verrückte Konstruktionen. Glücklich ist, wer auf dem Land lebt und einen Bach neben seiner Brau-Apparatur hat! Alle anderen lassen entweder konstant kaltes Wasser aus dem Hahn dazulaufen, oder holen im Winter konstant Schnee und Eis von draußen!
 Destille für Horilka, Schnaps brennen in der Ukraine

Nach dem ersten Destillat sollte der fertige Horilka noch mindestens einmal „gebrannt“ werden um minderwertige Alkohole und Verschmutzungen rauszufiltern. Tatsächlich erkennt man einen guten Horilka daran, dass man trotz geraumer Mengen am nächsten Tag keinen Kater hat. Wobei das auch der Menge der meist sehr nahrhaften „Nachbeißerchen“ liegt, die man zum Horilka genießt und die ebenfalls die Auswirkungen des übermäßigen Konsums begrenzen können.
 
Die ideale ukrainische Variante von „Prost“ lautet übrigens: Будьмо! (Budymo!). Wenn du beim Russischen bleiben möchtest, solltest du darauf achten, dass es „Sa sdorowje“ heißt, was so viel bedeutet wie „Auf die Gesundheit!“. Das in Deutschland bekannte und viel im Beisein von Russen und vermeintlich russischen Ukrainern ausgerufene Na sdorowje“ ist eher als Dank zum Essen verwendet und die konsequente falsche Nutzung durch Ausländer ist peinlich. Also „Будьмо!“!

Achtung Affiliate Links*: Wer nicht im Ausland lebt und selbst destillieren darf oder ab und an das Glück hat ein wenig Horilka mitgebracht zu bekommen, der kann hier bei Amazon den guten Nemiroff aus der Ukraine bestellen und probieren (Drink responsible!): 

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