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111 Jahre internationaler Weltfrauentag – Frauenwahlrecht in Russland, der Ukraine und Deutschland

Wie und warum gibt es den Weltfrauentag?

Der Weltfrauentag als Feier-, Gedenk-, und Ehrentag für die Gleichberechtigung und das Wahlrecht von Frauen entstand zur Zeit des ersten Weltkriegs aus einem früheren Vorschlag der deutschen Sozialistin Clara Zetkin. Der erste internationale Weltfrauentag wurde am 19. März 1911 von den Nationen Dänemark, Deutschland, Österreich, Schweiz und USA gefeiert. In Deutschland konnten Frauen am 19. Januar 1919 erstmals auf nationaler Ebene wählen. Frauenrechte sind heute über das Grundgesetz (Artikel 3) fester Bestandteil der Verfassung. und die Emanzipation konnte über die letzten 100 Jahre so viele Meilensteine für die Frauenrechte erringen, dass die Frage rund um die Wichtigkeit des Weltfrauentags für eine Spaltung der Geister sorgt. Themen wie Schwangerschaftsabbruch als Frauenrecht, (Alltags-) Sexismus, Frauen in Führungspositionen, Frauenquote oder sogar "Toxic Femininity" sorgen für ausreichend Zündstoff. Spannend zusammengefasst hat es die Autorin Alexandra Zykonuv in ihrem Buch "Wir sind doch alle längst gleichberechtigt" (Amazon Affiliate Link). Da ich aufmerksame Beobachterin zwischen den Kulturen bin und vor allem russischsprachige Männer und Frauen aus Russland und der Ukraine im Bekanntenkreis und deren Rollenverständnis (des "Männlichen" und "Weiblichen") im Vergleich zu den Deutschen beobachten kann habe ich die Gelegenheit genutzt zu schauen, wie das Frauenwahlrecht in diesen drei Ländern (bzw. der ehemaligen UdSSR) zustande gekommen ist. 

Feminismus - Die französische Revolution

Der Ursprung der Frauenwahlrechtsbewegung liegt jedoch wesentlich weiter zurück, in der Französischen Revolution (1789-1799). Die Forderungen der Revolutionäre nach „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ betrafen nämlich lediglich das Wahlrecht für die männlichen Bürger Frankreichs. Dies war den Frauen der damaligen Zeit schmerzlich bewusst und die Revolutionärin und Autorin Olympe de Gouges (1748-1793) verfasste bereits 1791 die „Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“. Ihr Engagement und ihre Auslegung der Aufklärung war leider ihrer Zeit voraus und sie musste dafür mit ihrem Leben bezahlen. Sie wurde per Guillotine in Paris enthauptet. 

Oympe de Gouges Zitat Frauenwahlrecht Internationaler Weltfrauentag

Abb.1 Olympe de Gouges (Quelle: Bearbeitet nach Wikimedia Commons)

Mein Falke beschrieb mit zynischem Grinsen und ähnlichen Worten wie de Gouges die Gleichberechtigung in der ehemaligen Sowjetunion: „Da durften auch Frauen im Straßenbau und als Soldatinnen arbeiten und fürs Vaterland knechten und sterben. Schon immer.“ 

Frauenrechte im Kaiserreich und Weimarer Republik

In Deutschland wurden die Journalistin und Schriftstellerin („Die Klöpplerinnen“) Louise Otto-Peters und die Lehrerin und Schriftstellerin Auguste Schmidt zu treibenden Kräften der Frauenbewegung im 19. Jahrhundert. Ein wichtiger Fokus der beiden war die Verbesserung der Bildungschancen junger Frauen. Eine Schülerin der Auguste Schmidt wurde von deren Ideen so weit inspiriert, dass sie politisch mobilisierte und bis heute als Vorreiterin der Frauenrechtsbewegung gilt: Clara Zetkin!

Louise Otto Peters, Auguste Schmidt und Clara Zetkin zum Internationalen Weltfrauentag

Abb.2 v.l.n.r. Auguste Schmidt, Louise-Otto Peters und Clara Zetkin Statue Leipzig (Wikimedia Commons & Pixabay)

1910 brachte sie die Idee eines internationalen Frauentags auf der Zweiten Sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen vor. Ziel war vor allem ein Kampftag, für die Gleichberechtigung für Frauen und Verwirklichung deren Wahlrechts. Die Kampfphase für das Frauenwahlrecht brach 1917, mitten im Ersten Weltkrieg aus, als der damalige Kaiser Wilhelm II in seiner Wahlrechtsreform kein Wort bezüglich der Frauenwahlrechte verlor. Damit brüskierte er die Frauenrechtlerinnen, die mit neuer Kraft die Stimmrechtsarbeit aufnahmen. Nach etlichen Demonstrationen und nach dem Sturz der Monarchie, proklamierte der Rat der Volksbeauftragten am 12. November 1918 die zukünftig gleichen Wahlrechte für Männer und Frauen  und ebnete damit den Weg für die ersten offenen Wahlen am 19. Januar 1919.

Frauenwahlrechte im revolutionären Umfeld der Bolschewiken

Im Zuge der Oktoberrevolution (7.- 08. November 1917, nach gregorianischem Kalender) erhielten Frauen in Russland bereits im Jahr 1917 über Umwege das Wahlrecht. Während sowjetische Schulbücher es gerne so darstellten, als sei die Gleichstellung der Frau von Seiten der Bolschewiken erfolgt, musste der Weg dafür noch vor der Oktoberrevolution bei der provisorischen Zwischenregierung bereitet werden. Nachdem der Zar im Februar 1917 von der Zwischenregierung faktisch entmachtet war, spielte die Einführung des Frauenwahlrechts für den provisorischen Machthaber Fürst Georgij Lwow, zunächst keine Rolle. Die Russische Liga für die Gleichberechtigung der Frauen, rund um die Revolutionärin Wera Nikolajewa Figner (Вера Николаевна Фигнер) konnte am 19. März 1917 nach einem beachtlichen Protest von über 40.000, z.T. berittenen Frauen, den sogenannten Amazonen in der damaligen Hauptstadt St. Petersburg und erst nach zähen Verhandlungen den Fürsten Lwow zur Zustimmung bewegen.

Wera Figner und die Amazonen in St. Petersburg, Demonstration für das Frauenwahlrecht

Abb.3 Protestierende Frauen in St. Petersburg, Wera Nikolajewa Figner (Wikimedia Commons)

Frauenwahlrecht in der Ukraine

Als die Frauen bereits im Sommer und Herbst 1917 von ihrem neuen Recht Gebrauch machen wollten, kam es zu einer Vielzahl z.T. tätlicher Zwischenfälle, bei denen Männer versuchten die Ausübung des Frauenwahlrechts zu unterbinden.

Nach der Oktoberrevolution eroberten die Bolschewiki Kiew und gründeten die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik. Im Zuge der Verabschiedung der ersten Verfassung im März 1919 erhielten Frauen der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik am 10. März 1919 das allgemeine Wahlrecht. 

Wie wird der Frauentag in der Ukraine gefeiert?

Während in Deutschland der Weltfrauentag eher als Anlass zu politischer Diskussion um Gleichberechtigung und für Kundgebungen genutzt wird, ist es in der Ukraine und anderen Ländern der ehemaligen Sowjetunion üblich, den Frauen in seinem Leben Blumen zu schenken. Blumen sind in der Ukraine absolut nicht billig im Vergleich zum Einkommen und so bemisst sich der "Geste" ein reeller Gegenwert. Hierbei werden üblicherweise nicht nur die Liebste, sondern auch der Mutter, den Müttern von Freunden, die Nachbarin, Kollegin oder manchmal sogar der Busfahrerin ein Blümchen überreicht. Dazu gelten einige Regeln, die Art und Anzahl der Blumen betreffend, die man als Ausländer beachten sollte. Russischsprachige Einrichtungen in Deutschland wie z.B. Bilinguale Kindergärten feiern den Frauentag oft als Frühlingsfest und nehmen den Anlass vor allem die Mütter mit Blumen und selbstgebastelten Geschenken zu überraschen. In Deutschland wird dafür eher der Muttertag als Ehrentag herangezogen, Ausnahme bilden vielleicht die "neuen" Bundesländer. Beim Frauentag ist es jedoch unerheblich, ob man Mutter ist, die Weiblichkeit als solche zählt. Übrigens gab es in der ehemaligen UdSSR auch ein männliches Pendant: Den Tag des Verteidigers des Vaterlandes (День защи́тника Оте́чества, 23. Februar) zu dem Jungen und Männer meist Socken und Rasierer geschenkt bekamen.


Wenn dich die Unterschiede im Umgang Mann/Frau in der Ukraine bei der Begrüßung interessieren, kannst du dies hier nachlesen. Hier habe ich dir außerdem meine Erfahrungen zum Thema Blumen verschenken in der Ukraine zusammengefasst. 

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