Essen & Trinken

Was trinkt man in der Ukraine?

Zu einigen der unten genannten Getränke habe ich bereits einen ausführlichen Artikel geschrieben oder ein Rezept hier auf dem Blog gepostet. Angenehm finde ich, dass man die meisten Getränke problemlos selbst herstellen kann, aus regionalen und saisonalen Zutaten. 
Schnaps und Fruchtwein

Wodka / Horilka / Schnaps

Bei Getränken und der Ukraine fällt den meisten sofort der Wodka ein, für den Osteuropa so berüchtigt ist. Dieser heißt in der Ukraine Horilka und wird meistens 100 Gramm Weise verkauft. Wenn ein Freund zu Besuch kommt und ein bekümmertes Gesicht macht, wird er meist mit der Frage „Cто грамм? (Hundert Gramm?)“ empfangen. Wenn ein Freund beschwingt und gut gelaunt zur Tür reinkommt, kann die Frage allerdings auch „Sto Gramm?“ lauten, denn scheinbar gibt es einen Grund zu feiern. Alkoholische Getränke abzulehnen ist völlig in Ordnung, solange man offensichtlich unter 5 Jahre alt ist oder in der Schwangerschaft den 7.Monat sichtbar hinter sich gelassen hat. Sonst sind sich alle einig, dass ein ganz bisschen zum Probieren (tschüt tschüt par probei) unmöglich schaden kann. 

Varenukha - Gebackener Schnaps 

Varenukha ist bei niedrigen Temperaturen mit getrockneten Früchten angesetzter Horilka, der in einem Tongefäß, welches mit Teig verschlossen wird, 6-12 Stunden gebacken wird. Im Anschluss an den Backprozess wird der aromatische Trunk dann wahlweise warm oder kalt genossen, nachdem er durchgesiebt wurde.

Ukrainischer Fruchtwein und Honigbier

Ansonsten werden dir im Fall einer Einladung mit leuchtenden Augen Tante Ludas selbstgemachter Himbeerwein und Opas Stanislaws Honigbier (Medowucha/ Медову́ха), der vor Gewürzen oder wahlweise Beeren nur so strotz, serviert. Tante Ludas wundervoller Wein ist selbstverständlich mehr Vitamin als alkoholisches Getränk und wird dir in jedem Fall aufgenötigt, auch wenn du noch vorhast Auto zu fahren. 

Krimwein und Krimsekt

Die berühmten Massandra-Weine von der Südküste der mittlerweile durch Putler annektierten Halbinsel Krim haben einen vorzüglichen Ruf. Tatsächlich wurde das Massandra-Weingut nur zu dem Zweck erbaut, die Sommerresidenz des letzten russischen Zaren Nikolaus II. mit Wein und Krimsekt zu versorgen. Auf 2.500 Hektar Rebfläche wachsen in dem begünstigten Klima schwere und süßliche Weiß-, Rot- und Portweine heran. 

Birkensaft

Wenn man einmal weiß, wie es gemacht wird, ist es eine leichte Angelegenheit eine Birke anzuzapfen. Und Ehrensache für die Ukrainer. Im Frühling stehen im ländlichen Raum überall PET-Flaschen mit dem milchigen Saft an der Straße vor den Häusern zum Verkauf. Wir haben uns oft für sehr kleines Geld mit dem dezenten, köstlichen und mineralstoffhaltigem Baumsaft bei den Einheimischen versorgt. Für sie ist es eine kleine Einkommensquelle und für uns auf Reisen eine willkommene, natürliche Erfrischung. 
Birkensaft und Kwass

Kompott zum Trinken

Getränk aus frischen oder im Winter aus tiefgefrorenen Früchten. Oft gezuckert, manchmal so süß, dass ich erst dachte es sei aus Marmelade hergestellt :)

Uswar oder Uzvar

Uswar ist ein honigfarbener Aufguss aus gedörrten und anschließend aufgekochten getrockneten Früchten, vor allem Äpfel, Birnen, Pflaumen. Typischerweise werden die Früchte im Räucherhäuschen gedörrt, wodurch der Uswar eine leichte Rauchnote hat. Mit Honig gesüßt und möglichst dick gekocht (also wenig Wasser- viel Frucht) mein absolutes Lieblingsgetränk im Winter! In der Ukraine kann man die dazu benötigten gedörrten Früchte an jeder Straßenecke für ein paar Kopeken kaufen.

Kissel (кисель)

Mit Stärke angedickter Kompott bzw. Uzvar der entweder so flüssig serviert wird, dass er “Bubble”-Tea ähnelt und bevorzugt von Kindern getrunken wird, oder auch manchmal so sehr angedickt, dass er wie Kaltschale als Dessert serviert wird. 

Kaffee

Ich muss hier mal wieder über den grünen Klee loben, aber nirgendwo sonst auf der Welt habe ich bisher so eine überzeugend hohe Dichte von ausgebildeten Baristas angetroffen, die wissen was sie tun. An unzähligen kleinen Coffee-To Go Ständen erhielt man vor dem Krieg die besten Kaffee-Spezialitäten. In den letzten Jahren sogar mit geschäumter Kokos- oder Sojamilch, wenn man Wert auf einen fastentauglichen, bzw. veganen "Milch"-Kaffee gelegt hat. Grundsätzlich hat wohl Lemberg (Lwiw) den besten Ruf hinsichtlich der Dichte an Cafes, Backwaren und Bohnenkaffee :)

Tee (чай)

In der Ukraine wird viel Tee getrunken. Nicht nur schwarzer Tee, der gerne bitter und mit sehr süßer Marmelade bzw. Warenje (Варенье, zum nebenher pur  löffeln!) serviert wird. Auch der “echte” chinesische Tee, also die 6 Teesorten und das Wissen darum (weiß, gelb, grün, blau, rot, schwarz und Pu-Erh) sind weit verbreitet. So haben wir z.B. in Kiew mehrere Tee-Häuser besucht, die traditionelle und moderne Varianten der Teebretter und eine erstaunliche Auswahl chinesischer Tees hatten. Ein, in frischem weiß-grün gehaltener, moderner Tee-Club im Kiewer Distrikt Obolon hatte einen raffinierten Wasser Zu- und Abfluss an den kleinen Tischen, so dass das Wasser direkt am Tisch gekocht wurde und die Tee-Reste im Untertisch-Abfluss verschwanden. 

Früchte-Tee aus frischen Früchten "Schneeball Beeren Tee"

In Restaurants bekommt man im Winter in der Ukraine viele Früchtetee Sorten, die jedoch überhaupt nicht dem widerlichen Jugendherberge-Gesöff aus den traurigen Beuteln entsprechen. Sanddorn-Tee, Himbeer-Tee und Kalina Beeren Tee werden aus frischen bzw. gefrorenen bzw. angetrockneten Früchten hergestellt. So wird für eine kleine Kanne Himbeertee (Малиновий чай) eine handvoll Himbeeren mit kochendem Wasser übergossen, ggf. mit ein paar frischen Minzblättern und ein paar Scheibchen Zitrone aromatisiert und dann ordentlich gesüßt serviert. Das ist lecker und wärmt gut durch :) Auch die Früchte des hier als giftig geltenden “Gewöhnlichen Schneeballs” (lat.Viburnum opulus)
werden überall nach dem ersten Frost verkauft. Die glasig roten Beeren ergeben ein säuerlichen leicht astringierenden Tee und sollen vorbeugend und kurativ bei Erkältungskrankheiten helfen. Übrigens ist das bekannte russische Volkslied “Kalinka” nach diesen Beeren benannt.

Kwas oder Kwass

Kwas ist ein leicht fermentiertes Getränk aus altem Schwarz- bzw. Roggenbrot, dass mit Rosinen, Zucker und Wasser angesetzt wird. Da die Hefen eine kuschelige Temperatur für ihre Arbeit benötigen und der Kwas am besten kalt schmeckt, ist er ein bevorzugtes Getränk im Sommer. Er wird seit sowjetischen Zeiten aus gelben Tankwagen portionsweise verkauft.

Kefir

Kefir (Кефи́р) ist ein Milch-Pilz der sich, ursprünglich aus dem Kaukasus stammend, in der Ukraine größter Beliebtheit erfreut. Viele Ukrainer*innen hegen und pflegen ihren eigenen frischen “Pilz” (bzw. Kefirknollen) mit dem sie selbst Kefir zubereiten.

Kefir und Uzwar

Rjaschenka - Gebackene Milch

Rjaschenka ist gebackene Milch, die durch die lange Backzeit bei niedrigen Temperaturen eine süßliche Karamellnote und durch späteres Ansetzen mit saurer Sahne eine dickliche Konsistenz erhält. Originär in der Ukraine erfunden, hat sich Rjaschenka in Osteuropa vor allem in Russland verbreitet und mittlerweile kann man mit russischer Folklore bemalte Rjaschenka aus Polen bei uns im Supermarkt kaufen.

Dickmilch (Prostokwascha)

Dickmilch entsteht, wenn die natürlich in Rohmilch enthaltenen Bakterien bei Zimmertemperatur arbeiten dürfen. In Deutschland habe ich oft versucht Dickmilch aus frischer, unbehandelter Kuhmilch anzusetzen, das Ergebnis war oft bitter. Ein Professor der ökologischen Agrarwissenschaften klärte mich darüber auf, dass in der industriellen Tierhaltung aufgrund der ganzen Reinigungs- und Desinfektionsmittel auch die benötigten “guten” Bakterien sterben würden. So überlebten oft nur die fiesesten ihrer Art, die die rohe Milch dann verdürben. Er sagte schlicht: “Mit unserer falschen Hygiene haben wir uns die natürlichen Wunder der Mikrobiotik zerstört!” Ich war entsetzt. Als mein Falke und ich vorletztes Jahr im Winter im abgelegen Sommerhaus einer Jugendfreundin meines Falken tief, tief in den verschneiten Karpaten residieren durften, brachte uns die eigens für uns bestellte Haushälterin bei ihrer Visite alle paar Tage zwei 3-Liter Gläser mit frischer Milch mit. Diese war von Hand gemolken und unglaublich sahnig, da die Kuh frisch gekalbt hatte und die Milch daher besonders reichhaltig. Bei den gemütlichen Temperaturen, am immerzu brennenden Ofen, bildeten sich die Reste zu säuerlich frischer Dickmilch, die wir statt Schmand zu Deruni (Reibeplätzchen) oder einfach mit Zucker bestreut verzehrten. 

Preiselbeer Mors 

Mors ist ein Getränk aus zerstampften, aufgekochten, abgesiebten und gesüßten Preiselbeeren (auch andere Beeren). Lecker und hilfreich bei Blasen- und Nierenerkrankungen sowie Erkältung. 
 

Frischgepresste Säfte und Wasser

In größeren Städten gibt es in fast jedem Restaurant die Möglichkeit sich frischen Saft (vor allem Möhren-, Apfel- und Selleriesaft) für ca. 1€ das Glas pressen zu lassen. Wie bei uns auch gibt es in ukrainischen Supermärkten eine schier unüberschaubare Menge an Säften. Mein Lieblingssaft ist der Pflaumensaft einer Traditionsfirma aus Odessa (wahrscheinlich muss ich das hiermit als unbezahlte Werbung markieren, aber der Saft ist einfach unglaublich dick, süß und pur :). Wasser aus der Leitung kann man in der Ukraine leider nicht trinken, was ich an Deutschland wirklich absolut feier! Sämtliche Tees, Getränke und eben auch Wasser -pur als Getränk- stammen meistens aus Kanistern, die man sich selbst kauft, oder aus riesigen Gallonen, welche in eine Spender-Apparatur eingesetzt werden. Die Gallonen kann man sich vom Lieferdienst in die Hochhäuser bringen lassen, wobei viele der riesigen Wohnanlagen Trinkwasserspender zum Auffüllen der 5 und 10 Liter Kanister im Eingangsbereich haben. Dort kann man sich für wenige Kopeken mit Trinkwasser versorgen und dieses mit in seine Wohnung nehmen. 

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