Ukraine Krieg

Teil 2: Interviewreihe mit ukrainischen Flüchtlingen

Dies ist das zweite Interview unserer neuen Reihe, die in Kooperation mit dem Dortmunder Künstler und Fotografen Klaus Pfeiffer (www.klauspfeiffer.com) entstanden ist. Gemeinsam möchten wir den geflüchteten Menschen aus der Ukraine ein Gesicht und eine Stimme geben, ihnen die Möglichkeit geben ihre Erlebnisse zu teilen und den Leser*innen neue Blickwinkel zu eröffnen! Weiter unten findest du den Text in der russischen Version. Вы можете найти русский перевод ниже!  (Danke an Galina für das Interview und an Lisa B. für die Übersetzung!)

Galina, 60, Kropyvnytskyi (Zentralukraine) über ihr Leben zwischen Moskau und der Ukraine

Mir gegenüber sitzt Galina. Funkelnde wache Augen bringen Bewegung in das ebenmäßige, ruhige Gesicht mit dem perfekten Teint. Galina ist Grenzgängerin. Beruflich zwischen der langjährigen Tätigkeit im Strafvollzug und der Erziehung von Kindern sowohl in der Ukraine als auch als Kindermädchen in Moskau bei russischen Familien. Im Ukraine-Konflikt kennt sie beide Kriegsparteien, die Länder, deren Kultur und deren Kinder. Galina ist nun 60 geworden. Ihre Mutter stammt aus Sibirien. Ihre teilweise russische Abstammung reibt sie nun zwischen den Brudervölkern auf, wird gegen sie ausgelegt. Nachdem sie ihr Leben lang nie vor etwas Angst hatte, fürchtet sie sich nun vor dem Gefühl der absoluten Verständnislosigkeit, des Nicht-Begreifen-Könnens, der Fassungslosigkeit angesichts des Schreckens, der in der Ukraine passiert. Nach einem aufrüttelnden Schlüsselmoment während der ersten Kriegstage, verlässt sie trotz aller Bedenken die Ukraine…
Galina, Ukrainische Flüchtlinge erzählen vom Krieg

Galinas Arbeit im Strafvollzug während der sowjetischen Zeit und danach

Nach Schule und Ausbildung arbeitete Galina als Erzieherin in einem Kindergarten ihres Wohnortes in Kropyvnytskyi in der Zentral-Ukraine. Durch den Mangel an Wohnraum in dem damals sowjetischen System, wechselte sie umständehalber in den Strafvollzug. Die Stelle als Verwaltungsmitarbeiterin im Strafvollzug lockte mit einer dazugehörigen Arbeitswohnung. Zu einer Zeit, in der es gang und gäbe war, dass sich ganze Familien ein 12 m² großes Zimmer teilen und Sanitäranlagen sowie Küche gemeinschaftlich mit den Nachbarn im Haus genutzt werden, war dies ein unschätzbares Privileg. Galina hat 4 Kinder. 3 Töchter und einen Sohn. Sie sagte der Kontrast beim Jobwechsel ins Gefängnis sei einprägsam gewesen. Dennoch sei sie im Umgang mit den Menschen selbst vorrangig menschlich geblieben, gleichwohl ob sie einem Kind im Kindergarten oder einem Häftling in seiner Zelle gegenübergestanden habe. Ihr Tätigkeitsschwerpunkt lag im wirtschaftlichen Teil der Haftanstalt. Ihr oblag der Einkauf des benötigten Inventars und die dazu notwendigen Bestandsprüfungen führten sie täglich durch die Zellen, in denen sie z.B. die Matratzen inspizierte, um die Anzahl der notwendigen Neukäufe zu berechnen.

Sie machte dort viele Bekanntschaften und lernte fürs Leben. Die größte Herausforderung war die ständige Wachsamkeit und das vorausschauende Denken, welche sie sich für ihr Überleben an ihrer Arbeitsstelle antrainieren musste.

In der Untersuchungshaft belegten 4-25 Häftlinge eine Sammelzelle. Ein Wärter bewachte die Zellentür, während sie umgeben von Dieben, Vergewaltigern, Mördern und Menschen die Kinderfleisch gegessen hatten, das Inventar inspizierte.
Die Insassen hatten viel Zeit und enorme Kreativität. In mühsamer Arbeit wurden Aluminiumlöffel auf den Betonböden der Zellen zu Waffen geschliffen. Obwohl sie selbst miterlebte, wie Mitarbeiter des Gefängnisses Opfer blutiger Angriffe durch Häftlinge wurden und so auch einer dieser Löffel aus der Nierengegend ihres Kollegen ragte, während er in Sicherheit getragen wurde, spürte sie nie Angst oder erlaubte es sich vielleicht nicht, darüber nachzudenken.  Aber immer und überall musste sie höchst wachsam sein.
Bestechungsversuche aller Art waren an der Tagesordnung. Dem Personal war lebhaft bewusst, dass nur ein angenommenes „Geschenk“ oder auch nur ein herausgeschmuggelter Liebesbrief sie umgehend selbst zu Inhaftierten in ebendieser Haftanstalt werden lassen könnte. Mitarbeiter die „die Seite wechseln“ sind in keiner Strafanstalt der Welt vor ihren Mithäftlingen sicher.

Galina, 60, Ukrainische Flüchtlinge erzählen vom Krieg

Galina ging, wie sie sagt auch mit Kompromittierungsversuchen „frech“ und geradeheraus um. Als den Häftlingen klar war, dass sie keine Bestechungen würde annehmen, gingen sie dazu über ihr heimlich Schmuck und Geld als „umgedrehten“ Taschendiebstahl in die Kleidung zu stecken. Leicht wäre es dann für die Häftlinge sie später wegen der vermeintlich angenommenen Güter beim Direktorat zu melden und darauf zu hoffen, dass sie zukünftig durch kooperativere Mitarbeiter ersetzt werden würde. Doch Galina erkannte das gefährliche Spiel und gewöhnte sich an, beim Verlassen jeder Zelle an sich selbst eine Leibesvisitation durchzuführen und jegliche „Geschenke“ mit einem freundlichen Lachen und einem scherzhaften „Hier, sortiert euren Plunder selber“ zurück in die Zelle zu werfen.

Die letzten 9 Jahre arbeitete sie in Moskau und betreute dort russische Kinder als privates Kindermädchen in deren Familien. Sie schildert viele schöne Momente mit den Kindern, die sie liebgewonnen hat und scheint ihre Tätigkeit dort gerne ausgeübt zu haben. Jeweils drei Monate verbrachte sie in Moskau, bevor sie für jeweils 3 Monate in die Ukraine zurückkehrte. So habe sie ihr halbes Leben der letzten Dekade in Russland gelebt.

Kriegsbeginn in der Ukraine und der Entschluss zu fliehen

Der Kriegsbeginn fiel in einen ihrer 3-monatigen Aufenthalten zu Hause. Eine der höchsten Fliegerschulen der Ukraine befindet sich in Kropyvnytskyi, ihrer Heimatstadt, die bekannt ist für den militärischen Ausbildungsstützpunkt. Wie kampfbereite Hornissen schwärmten alle verfügbaren Flugzeuge zur Verteidigung aus. Galina erinnert sich vor allem an den ohrenbetäubenden Lärm dieser Flugzeuge, das Dröhnen, dass jegliche Gedanken betäubte und das Beben im frühen Morgen, das sie zunächst glauben lies es sei ein Erdbeben.

Eine russische Militärkolonne mit Panzern sollte auf dem Weg in die Stadt sein, die wegen des elitären militären Ausbildungszentrums ein primäres Ziel der Russen darstellt. Sie macht sich mit ihrer Tochter, dem Schwiegersohn und ihrem 4-jährigen Enkel auf den Weg in ein privates Haus, dessen Keller als Schutzraum zur Verfügung gestellt wurde. Dort ereignete sich ein Erlebnis, dass ihre Einstellung zur Flucht grundlegend änderte: Dicht zusammengekauert warten sie unter dem Dröhnen der Flugzeuge im dunklen Keller auf das Eintreffen der feindlichen Panzer in wenigen Stunden. Ihr Schwiegersohn hatte mit einer Axt bewaffnet Posten an der Kellertür bezogen, um jeglichen Aggressor, der seiner Familie Leid zuzuführen gedenkt, rechtzeitig zu töten. Die Absurdität und Unverhältnismäßigkeit dieser Situation ließ etwas in Galina zerbrechen. Ihr wurde klar, dass er trotz seines eisernen Willens keine Chance hätte seine Familie mit dieser Axt zu schützen, würde die es die russische Kolonne nach
Kropyvnytskyi schaffen. Sie fasste den Entschluss zu fliehen, würde sie diesen Keller lebend verlassen können.
Galina, Zentralukraine, Ukrainische Flüchtlinge im Interview zum Ukraine Krieg
Das Schicksal war ihr gnädig, der ukrainische Hornissenschwarm hatte es mit Hilfe von Bodentruppen geschafft den Vormarsch der russischen Panzer ein, zwei Stunden vor Erreichen der Stadt zu vereiteln. Sie floh mit Tochter und Enkel nach Deutschland, in Dortmund arbeitet eine weitere Tochter von ihr, die sie überglücklich in Empfang nahm.
In Deutschland fühlt sie sich durch die Sprachbarriere noch nicht richtig frei, überhaupt hat sie Schwierigkeiten die Situation in Gänze zu begreifen. Es fühlt sich immer noch unwirklich an. Nur wenn ihre Tochter bei ihr ist, fühlt sich für den Moment ungezwungen und kann es genießen spazieren zu gehen, zu bummeln, sich abzulenken. Sie hat endlich eine eigene kleine Wohnung bezogen. Eher ein Studio mit 20m², aber sie sagt es reiche ihr, um ein wenig zur Ruhe zu kommen und die Dinge zu verarbeiten soweit das überhaupt möglich sei. An Deutschland fasziniert sie, dass „bis in die tiefste Seele Menschlichkeit“ herrsche, sogar im Verwaltungsapparat sei man ihr als Mensch auf Augenhöhe begegnet, während sie in der Ukraine oft familiäre Beziehung hätte nutzen müssen um Dinge überhaupt geregelt zu bekommen.

Ihre Kinder seien nun alle im Ausland, ihr Sohn hatte zum Glück schon vor dem Krieg im Ausland gearbeitet, so dass er nun in Sicherheit sei. Durch engen Kontakt mit Familie und Freunden in der Ukraine bekommt sie jedoch weiterhin täglich den Schrecken des Kriegs und den Verlauf der Kampfhandlungen hautnah mit. Der Mann ihrer Schwester wurde von einer Granate schwer verwundet und ihre Hilflosigkeit angesichts dieses Leides macht ihr schwer zu schaffen.

Mitten in unserem Gespräch erreicht uns über die sozialen Netzwerke die Nachricht, dass entgegen allen Befürchtungen, einige der Kämpfer des Asow-Stahlwerks in einem Gefangenenaustausch in die Ukraine zurückgekehrt sind. Nach der langen Sorge um die tapferen Kämpfer, Angst vor Folter, lebenslanger Kriegsgefangenschaft oder möglicher Exekutionen in Russland, brachte diese Nachricht eine Wendung in unser Interview.

Reaktionen aus Russland - Auswirkungen Putins Kriegs Propaganda

Galina seufzt, dass das Militär, dass Putin so einen schrecklichen Fehler mit dem Angriff der Ukraine begangen habe. Niemand in Russland würde bis jetzt begreifen, dass der Punkt der Unumkehrbarkeit längst überschritten sei. Über 100 Jahre würde die russischen Schreckenstaten niemand auf der Welt verzeihen können.
Viele Gedanken steigen in ihr hoch. Bilder, wie die Eltern der Kinder die sie half großzuziehen und die Großeltern zombiert vor ihren Fernsehern sitzen und trinken. Sie habe sich immer gewundert, wie diese privilegierten Familien, die sich ein privates ukrainisches Kindermädchen leisten können, so wenig reflektiert auf die Welt schauen würden. In Moskau sei das kulturelle Angebot riesig, was sie jedoch beobachtet habe sei, dass vor allem die über 40-jährigen dem Wodka verfallen seien und ihre Freizeit vor dem Fernseher zubrächten. Später wenn die Protagonisten angetrunken genug gewesen seien, habe sie häufig Lobreden auf das alte Zarenreich und Phantasien über ein Großrussland mitbekommen.

Selbst mit einer sibirischen Mutter teilweise russischstämmig, habe sie jeher verletzt, dass die Russen den Ukrainern wie „Menschen zweiter Klasse“ begegnen würden. Ukrainern werde die volle Menschenwürde abgesprochen, sie seien gut genug, um für die Russen die niederen Arbeiten zu erledigen, sonst würde ihnen jede Kompetenz abgesprochen.
Als Galina Bilder von der Zerstörung und dem Krieg in der Ukraine in den sozialen Netzwerken hochlud und versuchte ein Bewusstsein für das geschehene Unrecht zu schaffen, brachen sogar Verwandte in Usbekistan den Kontakt mit ihr ab. Immer stehe der Vorwurf im Raum, sie als „zumindest“ halb-Russin wäre eine Nestbeschmutzerin, nachdem Russland ihr durch ihre Arbeitsstelle und Herkunft ihrer Mutter aus Sibirien so viel gegeben habe. Unverständnis, wieso sie zwischen Russland und der Ukraine, die Ukraine wählt, wenn sie per Abstammung doch die Möglichkeit hätte „etwas Besseres (im Sinne von „eine Russin“)“ zu sein.
 
Auch die Familien, die sie in Russland durch die Arbeit kennen gelernt hatte versuchte sie zu informieren und ihnen Bilder der aktuellen ukrainischen Realität zu vermitteln. Dabei ist sie sich ganz sicher, dass zumindest die jüngere Generation „ganz genau“ wisse und verstehe, was sich unter dem Vorwand der „Spezialoperation“ abspiele.
 
Doch von all den Familien, mit denen sie über die Jahre guten Kontakt aufgebaut hat, deren Kinder sie jahrelang liebevoll begleitet hat, hat sich keine einzige ihr gegenüber in irgendeiner Weise geäußert, zurückgemeldet, erkundigt. Alles was als Antwort auf ihre Nachrichten kam war tiefes, unaushaltbares Schweigen. 
Ich spüre tiefe Trauer bei Galina über so viel Ungerechtigkeit, mangelnde Empathie und Ignoranz.
Einzig ihr Vermieter aus Moskau meldete sich nach Wochen der Stille. Nach unzähligen Versuchen ihm Bilder des Kriegs, Zerstörung und Butscha zuzuschicken (etliche Bilder werden nach Galinas Aussage auch durch die russische Medienüberwachung und Algorhythmen abgefangen, so dass es nur ein Bruchteil der gesendeten Bilder zum Empfänger schaffe) reagierte er endlich auf ein Bild vom Borussiastadion in Dortmund, vor dem Galina mit ihrem kleinen Enkel posiert. Sie erhält eine kurze Nachricht aufrichtigen Bedauerns und der Klarheit: „Sehr beruhigt, dass Sie in Sicherheit sind. Es schmerzt mein Herz, dass mein Land als Aggressor auftritt.“

Endlich zumindest ein Mensch in Moskau, der die Situation in Galinas Sinne einzuschätzen weiß. Dennoch übermannt sie die Wut der Verzweiflung. Parallelen zum Zweiten Weltkrieg und dem „Nicht-Gewusst-haben“ der Bevölkerung kommen mir in den Sinn, vielleicht verstärkt, weil Galinas Familie jüdisch ist und mich das Paradoxon an den Rand der Hirnschmelze treibt, dass Putin in der Ukraine vorgeblich die „Entnazifizierung“ vorantreibt.

Galina 60 flieht vor Putins Krieg

Galina beschreibt Schicksale des Kriegs: „Ein Mann ging in Odessa Milch holen und muss bei der Rückkehr feststellen, dass sein Haus mit Frau, Schwiegermutter und seiner 3-monatigen Tochter einfach einem riesigen Krater gewichen ist.“ Galina ist rasend über die Feigheit der Vergewaltiger und Mörder von Butscha, die ihren Opfern noch die Hände verbanden, bevor sie ihre Gräueltaten an ihren verrichteten und sie töteten. Auch wenn sie daran zweifelt, selbst die Kraft zu haben einen anderen Menschen umzubringen, so wünscht sich Galina doch zumindest „den Feiglingen und Bestien die Babys und Kinder getötet haben, stellvertretend für die Mütter, die ihre Kinder nicht schützen konnten, die Augen auszukratzen“. Sie kann sich nach allem was sie gesehen und mitbekommen hat, nicht immer gegen den in ihr aufsteigenden Hass schützen, einem Hass der phasenweise so groß werde, dass sie in ihrer Verzweiflung „manchmal am liebsten das ganze Volk beerdigen würde“.

Das historische Unverständnis und der Vorwurf der Russen an die Ukrainer „die Ukrainer seien immer unter der Herrschaft von Polen, Zaren oder irgendjemanden gewesen und wüssten überhaupt nicht, was Freiheit sei“, während sie selbst in Russland im Spinnennetz einer fingierten Nachrichten-Landschaft mit totalitären politischen Strukturen in Unfreiheit lebten, empfindet Galina umso mehr als Anmaßung gegenüber den Ukrainern.

Galina erlebt die Ukrainer im Gegensatz zu den Russen als durch und durch freies Volk und ist überzeugt von der einigenden Wirkung des Krieges auf die Ukrainer. Diese manifestierten sich gerade zu nie dagewesener Einigkeit und Stärke. Sie ist sich sicher, dass es für die russischen Soldaten, die in der Ukraine waren, kein Leben in Frieden mehr geben wird. So viele ukrainische Männer und Soldaten hätten ihre Frauen, Kinder, Kameraden, einfach alles verloren und nicht nur einer habe geschworen, den Rest seines Lebens damit zu verbringen jeden einzelnen Kriegsverbrecher und auch die Verräter unter den Ukrainern zu finden. Jedem werde sein persönliches Urteil überbracht werden. Kein Befehlshaber, kein Kollaborateur, kein Rädchen im Getriebe des Aggressors werde zu unbedeutend sein um von der Rache der Überlenden verschont zu bleiben und die einzige Möglichkeit vor dieser Rache verschont zu bleiben, sei es jetzt auf Seite der Ukrainer zu kämpfen.

Die Ukraine sei wie ein Wespenvolk gewesen, das friedlich vor sich hin gelebt habe, bis die russische Armee es angegriffen habe.
Vom Westen würde sie sich schnellere und umfassendere Waffenlieferungen wünschen. Gerade Waffen mit Reichweite könnten aus Galinas Sicht helfen, zumindest strategische Stützpunkte der Russen außer Gefecht zu setzen und Nachschub zu unterbinden und damit den Krieg zu verkürzen.

Nach dem russischen Angriff bleibt Angst und Hilflosigkeit

Nachdem sie ihr Leben lang nie vor etwas Angst hatte, steht Galina nun vor der Angst des Nicht-Begreifen-Könnens, dem Abgrund der Hilflosigkeit angesichts einer Situation die sich jeglicher Kontrolle entzieht. Sie erschrickt selbst vor ihrem Hass, nachdem sie wirklich jedem noch so brutalen Straftäter in ihrem Beruf mit Menschlichkeit begegnet sei. Jedoch sagt sie dieser Hass, sei ja von den Russen durch ihre Taten und ihre Ignoranz selbst in den Ukrainern erzeugt worden. Vorher sei dort ja seitens der Ukrainer Brüderlichkeit gewesen.
Galina führt an, dass auf ukrainischer Seite rund 7 Millionen Menschen geflohen sein, vor allem Mütter mit Kindern. Auf russischer Seite seien rund 5 Millionen Menschen geflohen. Sie hätte sich gewünscht, dass diese Menschen in Russland auf die Straße gegangen wären. Putin hätte sie nicht alle verhaften können.

Sinnbildlich für die ihrer Meinung nach komplette Unterschätzung der Ukrainer durch die Russen und ein absolutes Armutszeugnis für Russland seien Bilder von den Plünderungen ukrainischer Dörfer durch russische Soldaten gewesen. Selbst in den ärmsten ukrainischen Ortschaften wären noch die ältesten Kloschüsseln, Waschmaschinen und sogar Hundehütten geklaut worden und die russischen Besatzer hätten sich verwundert darüber aufgeregt „Warum leben die hier besser als wir ???“

Das stehe symbolisch dafür wie wenig Wissensvermittlung über den Tellerrand und Aufarbeitung in Russland auch seit dem Zweiten Weltkrieg und der Sowjetzeit stattgefunden haben. Seit Stalin habe sich wenig verändert „Wer seine Meinung kundtut wird niedergeknüppelt“. Es habe historisch immer nur die Darstellung als Siegermacht gegeben, eigene Fehler und auch Verbrechen seien durch die nachfolgende Politik nie eingeräumt und aufgearbeitet worden.

Die Ukraine hingegen habe durch Selenskyi den alle, auch das eigene Volk  unterschätzt haben eine echte Chance bekommen. Galina wagt einen optimistischen Blick in die Zukunft. Sie denkt, dass Russland durch die eigene Ignoranz selbst zerfallen könnte und unser aller Kinder eine Verschiebung der Grenzen wahrnehmen können.

Als ich Galina frage, ob sie noch eine Botschaft habe, die sie den Lesern abschließend mit auf den Weg geben wolle, überlegt sie kurz. „Fernsehen ist ein Narkosemittel. Die Menschen müssen weniger Fernsehen und mehr Nachdenken.“


Галина, 60 лет, Кропивницкий 


(Русскоязычную версию можно найти здесь. Если вы можете предложить украинский перевод, пожалуйста, свяжитесь со мной. Даже если вы знаете кого-то, кто хотел бы дать интервью. Я буду счастлив)
Галина садится напротив меня. Сверкающие, настороженные глаза привносят движение в ровное, спокойное лицо с идеальным цветом. Галина пересекает границу. Профессионально между многолетней работой в СИЗО и воспитанием детей как в Украине, так и няней в Москве в русских семьях.
 
В украинском конфликте она знает обе противостоящие стороны страны, их культуру и их детей.
 
Галине исполнилось 60 лет. Ее мать из Сибири. Ее частичное русское происхождение теперь утомляет  и используется против нее. Никогда в жизни ничего не боявшаяся, теперь она боится ощущений совершенной непонятности, что сбивает с толку от ужасов происходящих в Украине.
 
После ключевого момента первых дней войны она уехала из Украины, несмотря навсе свои опасения...
 
После получения образования,  Галина работала воспитателем в детском саду в своем родном городе Кропивницкий (центральная Украина). Из-за нехватки жизненного пространства в тогдашней советской системе она в силу обстоятельств перешла работать в уголовно-исполнительную систему.  Должность административного работника в СИЗО манила сопутствующим получением квартиры.
 
В то время, когда целые семьи делили комнату площадью 12 м², а санузел и кухню делили с соседями по дому, это было бесценной привилегией.
 
У Галины четверо детей. 3 дочери и сын. Она сказала, что контраст между сменой работы и тюрьмой был незабываемым. Тем не менее, она оставалась прежде всего человеком при общении с людьми, независимо от того, сталкивалась ли она с ребенком в детском саду или с заключенной в его камере.
 
В тюрьме она отвечала за хоз. часть. В ее обязанности входили покупка необходимого инвентаря, и необходимые инвентарные проверки, которые она проводила каждый день в камерах заключенных.  Например, наличие матрасов в камере, чтобы подсчитать количество необходимых новых покупок. На работе она завела много знакомств и выучилась на всю жизнь.
 
Самой большой проблемой была постоянная бдительность и дальновидность, которые ей приходилось тренировать, чтобы выжить. В СИЗО от 4 до 25 заключенных занимали общую камеру. Во время ее обходов, обычно охранник оставался у двери, а она заходила сама в камеры с совершенно разнообразным контингентом.
 
У заключенных было много времени и огромный творческий потенциал. Алюминиевые ложки кропотливо перемалывались в оружие на бетонных полах камер. Однажды она стала свидетелем того, как одного из ее коллег вынесли из камеры с торчащей ложкой в области почек.
 
Она никогда не боялась или, возможно, не позволяла себе думать об этом, но всегда и везде ей приходилось быть очень бдительной. Попытки подкупа всех видов были в порядке вещей. Персонал был в курсе что всего лишь принятый «подарок» или даже любовное письмо, вывезенное контрабандой, может привести к тому, что их мгновенно посадят в ту же самую тюрьму. Сотрудники, которые «переходят на другую сторону», не защищены от своих сокамерников ни в одной тюрьме мира. Галина, по ее словам, была «дерзкой» и прямолинейной в попытках пойти на компромисс. Как только сокамерники поняли, что она не будет брать взяток, они стали тайно засовывать драгоценности и деньги в ее одежду в качестве «обратного» карманника. Тогда заключенным было бы легко сообщить о них в управление позже из-за якобы принятых товаров и надеяться, что в будущем их заменят более сговорчивыми сотрудниками. Но Галина распознала опасную игру и при выходе из камеры отдавала все, что находила с дружеским смехом и словами: “Вот, забирайте свое барахло сами!”.
 
Последние 9 лет она работала в Москве, заботясь о русских детях в качестве частной няни в их семьях. Она описывает много прекрасных моментов с детьми, которых она полюбила и, кажется, наслаждалась своей работой там. Она проводила три месяца в Москве, возвращаясь  в Украину на три месяца. Так она прожила последние 10 лет.
 
Начало войны совпало с одним из 3-х месячных пребываний дома. Одна из высших авиационных школ Украины находится в Кропивницком, в ее родном городе, который известен военной тренировочной базой. В начале войны вся имевшаяся авиация готовилась к обороне, как готовые к бою шершни. Галина больше всего
 
помнит оглушительный шум этих самолетов, грохот, от которого онемели все мысли, и утреннюю дрожь, которая сначала заставила ее поверить в то, что это землетрясение.
 
Чтобы она не оставалась одна, ее зять забрал в частный дом, чтобы держаться всем вместе, для чего оборудовал там подвал, чтобы прятаться во время воздушной тревоги. Там произошел случай, в корне изменивший ее отношение к побегу. Из новостей они узнали, что к городу движется колонна российских танков, которая должна была проходить мимо их дома. Галина вместе с дочерью, зятем и 4-х летним
внуком, решили переждать в подвале.
 
Они жались друг к другу в темном подвале под рев самолетов, ожидая прибытия вражеских танков через несколько часов. Ее зять дежурил у дверей подвала, вооруженный топором, готовый убить любого агрессора, планирующего причинить вред его семье. Абсурдность и непропорциональность этой ситуации что-то надломила в Галине. Она понимала, что, несмотря на его железную волю, у него не будет шансов защитить этим топором свою семью, если русская колонна доберется до Кропивницкого. Именно в тот момент, она решила уехать, если сможет выбраться из этого подвала живой.
 
Судьба была к ней благосклонна, украинской армии с помощью наземных войск удалось остановить наступление русских танков, после чего она забрала дочь с внуком и уехала. Выбор пал на Германию, т.к. там жила ее старшая дочь (г. Дортмунд).
 
Находясь в Германии Галина не чувствует себя по-настоящему свободной из-за языкового барьера, ей сложно до конца разобраться в ситуации. Это все еще кажется нереальным. Только когда ее старшая дочь с ней, она чувствует себя спокойно на данный момент и может наслаждаться прогулкой по городу и отвлекаться. Наконец-то она получила свою маленькую квартиру. Больше похоже на студию площадью 20 м², но она говорит, что ей этого достаточно, чтобы немного успокоиться и обработать все, насколько это возможно.
 
Что ее очаровывает в Германии, так это то, что «человечность преобладает до самой глубины души», даже в административном аппарате к ней относились как к человеку на равных, а на Украине ей часто приходилось использовать родственные связи, чтобы решить хоть малейшую проблему. Ее дети сейчас все за границей, к счастью, ее сын работал за границей до войны, так что теперь он в безопасности. Однако, благодаря тесному общению с семьей и друзьями в Украине, она продолжает ежедневно переживать ужасы военных и боевых действий.
 
Свекр ее дочери был контужен и ей больно за все, что там происходит дома. В середине нашей беседы через социальные сети до нас дошла новость, что, вопреки всем опасениям, часть бойцов Азовского металлургического комбината вернулась в Украину в рамках обмена пленными. После долгого беспокойства за отважных бойцов, страха перед пытками, пожизненным заключением или возможными
 
расстрелами в России эта новость внесла изюминку в наше интервью. Галина вздыхает, что такую ужасную ошибку совершили военные и Путин, напав на Украину. Никто в России еще не осознал, что точка необратимости давно пройдена. Более 100 лет никто в мире не смог бы простить зверства русских. В ней возникает множество мыслей. Фотографии родителей детей, которых она помогла воспитать, а также бабушек и дедушек, сидящих зомбированными перед своими телевизорами и постоянно пьющих. Она всегда задавалась вопросом, как эти привилегированные семьи кто может позволить себе частную украинскую няню, смотрят на мир настолько ограниченно.
 
Большинство людей старше 40, проводят вечера с алкоголем и смотря бесконечные новости. Очень часто она слышала совершенно не правдивые факты о истории России, которые рассказывали ей в России.  Даже мать-сибирячка, частично русского происхождения, всегда обижалась на то, что русские относятся к украинцам как к
«людям второго сорта». Украинцам отказывают в полном человеческом достоинстве, они достаточно хороши, чтобы выполнять черную работу за русских, иначе они были бы лишены всякой компетенции. Когда Галина выкладывала в социальные сети фотографии разрушений и войны в Украине и пыталась привлечь внимание к случившейся несправедливости, с ней разорвали связь даже родственники в Узбекистане. Обвинение в том, что она «как минимум» наполовину русская, что Россия дала ей так много благодаря ее работе и сибирскому происхождению ее матери. 
 
Они не понимали, почему Галина поддерживает Украину, когда у нее есть возможность быть чем-то лучше (в смысле русской); из-за ее происхождения. Она также пыталась информировать семьи, с которыми познакомилась по работе в России, и дать им представление о нынешней украинской действительности. При этом она уверена что хотя бы молодое поколение знает и понимает точно, что происходит под предлогом “спецопераций”. Но из всех семей, с которыми у нее установился хороший контакт за эти годы, о детях которых она с любовью заботилась на протяжении многих лет, никто не написал и даже не спросил как она.  Все, что приходило в ответ на ее сообщения, было глубокой, невыносимой тишиной.
 
Я чувствую глубокую печаль в Галине из-за такой несправедливости, отсутствия сочувствия и невежества. Только ее арендодатель из Москвы вышел на связь после нескольких недель молчания. После бесчисленных попыток прислать ему снимки войны, разрушений и Бучи (по словам Галины, несколько снимков также перехвачены слежкой и алгоритмами российских СМИ, так что до адресата
 
доходит лишь часть присланных снимков) наконец-то он отреагировал на снимок стадиона «Боруссия» в Дортмунде, на фоне которого Галина позировала с маленьким внуком. Она получила от него краткое сообщение искреннего сожаления и ясности: «Я очень рад, что вы в безопасности. У меня болит сердце, что моя страна выступает в роли агрессора». Наконец-то хоть один человек в Москве, к которому она пыталась достучаться, понял все. Тем не менее, ее одолевает ярость отчаяния. На ум приходят параллели со Второй мировой войной и парадокс ситуации доводит ее  до грани расплавления мозга. Что в голове у Путина, что он якобы продвигает «денацификацию» в Украине.
 
Галина описывает судьбы войны: «Мужчина в Одессе вышел за молоком, а вернувшись, обнаружил, что его дом с женой, свекровью и 3-месячной дочерью разрушен. Или сколько замученных и искалеченных людей с перевязанными руками просто валяются на улицах городов. Хотя она сомневается, что у нее хватит сил убить хоть одного человека, Галина желает хотя бы «выцарапать глаза трусам и зверям, убивающим младенцев и детей, особенно на глазах матерей, не сумевших защитить своих детей». После всего увиденного и услышанного она не всегда может защитить себя от поднимающейся в ней ненависти. 
 
Ненависть, которая временами растет так сильно что в своем отчаянии она «хочет иногда похоронить весь (русский) народ».
 
Историческое непонимание и обвинение русских в адрес украинцев, в то время как вся Россия сидит в паутине фейковых новостей с тоталитарными политическими структурами, живущими в рабстве. Глядя на это все, Галина тем более ощущает высокомерие по отношению к украинцам.
 
В отличие от русских Галина видит в украинцах вполне свободный народ и убеждена в объединяющем влиянии войны на украинцев. Они проявились в беспрецедентном единстве и силе. Она уверена, что для российских солдат, которые были в Украине, спокойной жизни больше не будет. Столько украинских мужчин и солдат потеряли своих жен, детей, товарищей. Многие поклялись провести остаток своей жизни, отыскивая каждого военного преступника и предателя среди украинцев. Каждому из них будет дана личная оценка. Ни один командир, ни коллаборационист, ни один винтик в машине агрессора не были бы слишком незначительными, чтобы избежать мести выживших, и единственный способ избежать этой мести - сражаться на стороне украинцев сейчас.
 
Украина была как счастливый народ, который мирно жил, пока на них не напала российская армия. Она хотела бы видеть более быстрые и масштабные поставки оружия с Запада. С точки зрения Галины, именно оружие большой дальности могло бы помочь вывести из строя российские стратегические базы и перекрыть снабжение, тем самым сократив войну. Никогда в жизни ничего не боясь, Галина сейчас сталкивается со страхом непонимания, бездной беспомощности перед
лицом сложившейся ситуации. Она потрясена собственной ненавистью после того, как гуманно относилась к каждому преступнику в своей профессии, каким бы жестоким он ни был. Однако, по ее словам, эта ненависть в конечном счете была создана русскими своими действиями. До этого было братство со стороны украинцев.
 
Галина говорит, что с украинской стороны бежало около 7 миллионов человек, в основном матери с детьми. С российской стороны бежало около 5 миллионов человек.
 
Ей бы эти люди  вышли на улицы в России, этого ужаса могло и не быть. Она также задается вопросом, как некоторые мальчики, которых она с любовью воспитывала почти 10 лет назад, теперь относятся к войне. Сейчас они молодые люди.
 
Помнят ли они свою украинскую няню, прекрасные моменты, песни, рассказы? Или они тоже маршировали в сторону Украины, Бучи, бомбили, насиловали, грабили?
 
Фотографии разграбления украинских сел русскими солдатами символизировали то, что она считала полной недооценкой украинцев русскими. Даже в самых бедных украинских городах стоят самые обычные унитазы. Были украдены стиральные машины и даже собачьи конуры, чему русские оккупанты были удивлены: «Почему они
здесь живут лучше, чем мы???»
 
Абсолютный признак бедности для России. Это символизирует о том, что со времен Сталина мало что изменилось: «Всякий, кто выскажет свое мнение, будет забит дубинкой». Исторически всегда было только изображение победоносной державы, собственные ошибки и преступления никогда не признавались и не разбирались с последующей политикой. Украине же реальный шанс дал Зеленский, которого недооценили все, в том числе и его собственный народ. Галина смеет смотреть в будущее с оптимизмом. Она думает, что сама
Россия может распасться по собственному невежеству и что все наши дети могут почувствовать изменение границ. Когда я спрашиваю Галину, есть ли у нее последнее сообщение, которое она хотела бы передать читателям, она на мгновение задумывается. «Телевидение — это наркотик. Люди должны меньше смотреть телевизор и больше думать».

Спасибо Галине за интервью и Спасибо Елизавете Б. за перевод!

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